Energiewende: Gesellschaftlich günstiger

Muss Klimaschutz für die breite Masse teuer werden? Ja, zu kapitalistischen Bedingungen stimmt das. Ein Energiekonzern will Energie verkaufen. Die Gesellschaft würde durch das Sparen von Energie jedoch reicher. Außerdem: Ein kapitalistischer Konzern macht die Kosten-Nutzen-Rechnung nur für sich selbst. Die Folgekosten seines Handelns für die Gesellschaft tauchen in keiner Unternehmensbilanz auf. Wenn wir die Sachzwänge des Kapitalismus beiseite schieben, ergeben sich Möglichkeiten einer Energiewende, die für die Gesellschaft und damit auch für die breite Masse günstiger statt teurer ist.

von Georg Kümmel, Köln

Beispiel Personenverkehr: Bundesweit pendeln 40% aller Beschäftigten täglich zu ihrem Arbeitsplatz, Wohnort und Arbeitsplatz liegen in unterschiedlichen Kreisen.  Für Köln heißt das: 305.000 Beschäftigte fahren jeden Tag von außerhalb zur Arbeit in die Stadt, 140.000 Beschäftigte pendeln täglich aus Köln raus. Über eine freiwillige Arbeitsplatz-Tauschbörse könnten die Beschäftigten bei gleicher oder ähnlicher Qualifikation ihren Arbeitsplatz tauschen. Das würde täglich viel Energie, CO2 und wertvolle Lebenszeit sparen. Das setzt allerdings voraus, dass die Beschäftigten in Betrieb und Gesellschaft das Sagen haben, damit Entscheidungen demokratisch getroffen werden können.  

Kita-Essen auf Deutschlandreise

Beispiel Güterverkehr: Weil die Folgekosten für Umwelt und Gesellschaft nicht in der Bilanz eines kapitalistischen Unternehmens auftauchen, lohnen sich Gütertransporte, die gesellschaftlich betrachtet der reine Irrsinn sind. Beispiel Kita-Essen in Ludwigsburg (Baden-Württemberg): Die europaweite Ausschreibung wurde von der Firma Apetito gewonnen. Das Essen wird im 500 km entfernten Rheine in Nordrhein-Westfalen gegart, tiefgekühlt, in die Kitas nach Ludwigsburg transportiert und dort wieder aufgewärmt. Der Fall machte Schlagzeilen, weil Eltern und Kinder sich über die Qualität des Essens beschwerten. Die Alternative wären Küchen und städtisches Personal vor Ort. Das wäre besser für das Klima, günstiger für die Gesellschaft und schmackhafter für die Kinder.

Eine nicht-kapitalistische Gesellschaft könnte auch entscheiden, Werbung einzustellen. Informationen über Produkte könnten für Interessierte mit wenig Aufwand im Internet bereitgestellt werden statt Millionen Menschen permanent zu nerven und dabei Energie und Arbeitszeit zu verschwenden. Das bringt doch nicht viel, mag jemand einwenden. Erstens sollte man/frau wissen, dass in Werbung und Marketing 470.000 Menschen arbeiten. Im Bereich der erneuerbaren Energien nur 345.000. Zweitens sollen dieses und die anderen Beispiele lediglich zeigen, was möglich wäre, wenn Lösungen jenseits der kapitalistischen Logik und gesucht würden.

Erneuerbare günstiger

Doch nicht nur Energiesparen wäre gesellschaftlich günstiger, auch die Umstellung der noch notwendigen Energieerzeugung auf erneuerbare Quellen würde Energie günstiger statt teurer machen. Wind und Sonne schicken keine Rechnung. Strom aus Windenergie kostet heute zwischen 4 und 10 Cent pro kWh. Strom aus Braunkohle ist aber für die Konzerne noch billiger – weil die Folgekosten für die Umwelt nicht berücksichtigt werden. 

Die nötigen Investitionen, u.a. in neue Heizungsanlagen, muss von denen bezahlt werden, die jahrzehntelang eine Energiewende verhindert und dadurch Milliarden angehäuft haben – die Energiekonzerne und Großaktionär*innen.

Energiesparen und Umstellung auf erneuerbare Energien, demokratisch organisiert, wäre gesellschaftlich und damit auch für die breite Masse der Bevölkerung nicht teurer, sondern günstiger. Eine handvoll Konzerne und ihre superreichen Kapitaleigentümer*innen würden tatsächlich verlieren. Das erklärt deren rücksichtslosen Widerstand. Die Konzerne müssen enteignet und unter demokratische Kontrolle der Beschäftigten und der Gesellschaft gebracht werden.