Betriebsratswahlen im Klinikum Bremen Mitte: Kämpferische Betriebsgruppe „uns reicht’s“ wird stärkste Kraft

uns reicht's

Bei den alle vier Jahre stattfindenden Betriebsratswahlen im Klinikum Bremen Mitte konnte die oppositionelle Betriebsratsgruppe „uns reicht’s“ einen Überraschungserfolg erzielen. Die Liste aus 30 Kolleg*innen gewann die meisten Stimmen (213 Stimmen) und stellt in Zukunft sechs der 21 Betriebsratsmitglieder. Die Liste, die den alten Betriebsrat repräsentierte, wurde zweitstärkste Kraft mit 206 Stimmen. Ebenfalls angetreten waren eine Liste der Ärzt*innenschaft und eine von Kolleg*innen aus dem OP-Bereich.

Von Sebastian Rave, Bremen

In den Jahren zuvor war der alte Betriebsrat immer wieder mit einer größeren Nähe zur Geschäftsleitung als zu Bewegungen aufgefallen, die z.B. mehr Krankenhauspersonal gefordert hatten. Ariane Müller, Listenführerin von „uns reicht’s“ und aktiv im Bremer Bündnis für mehr Personal im Krankenhaus, hatte bisher einen schweren Stand im Betriebsrat. Als die Geschäftsführung sie wegen eines angeblichen Arbeitszeitkontobetrugs suspendiert hatte (wir berichteten), stimmte der Betriebsrat zunächst zu – erst auf öffentlichen Druck wurde die Einschüchterung der kämpferischen Kollegin zurückgenommen. Die Politik des Betriebsrats wird sich jetzt hoffentlich ändern, auch wenn die kämpferischen Kolleg*innen eine Zweckkoalition gegen sie befürchten. Trotzdem: An „uns reicht’s“ führt im Klinikum Bremen Mitte jetzt kein Weg mehr vorbei.

Grundlagen des Erfolgs

Die Betriebsgruppe ist im letzten Jahr mit der Unzufriedenheit im Betrieb dramatisch gewachsen. Ihr gehören neben Pflegekräften auch viele Versorgungsassistent*innen an, die unter besonders schwierigen Bedingungen arbeiten. Neben der Überlastung und personellen Unterversorgung auch schon vor der Pandemie klagen die Kolleg*innen auch über Sexismus am Arbeitsplatz. Die neue Arbeitskleidung ist nicht blickdicht, und immer wieder gibt es sexistische Kommentare – leider nicht nur von Patient*innen, sondern zum Teil auch von Kolleg*innen und sogar Vorgesetzten. „Uns reicht’s“ wird auch dagegen vorgehen.

Die SAV hatte die Kolleg*innen beim Wahlkampf unterstützt. In Gesprächen vor den Betriebstoren war auffällig, dass viele „uns reicht’s“ als die Kolleg*innen erkannten, die kämpfen wollten. Leider gab es aber auch einige desillusionierte Kolleg*innen, die nicht mehr daran glauben, dass der Betriebsrat etwas an ihren Arbeitsbedingungen ändern wird. Diese müssen in den nächste Jahren noch davon überzeugt werden, dass kämpfen sich lohnt.

Mittlerweile schlägt der Wahlerfolg schon erste Wellen: Auch in der ausgegründeten „Gesundheit Nord Dienstleistungen“ wird sich jetzt eine „uns reicht’s“ Betriebsgruppe gründen und zur BR-Wahl im Mai antreten. Die Wiedereingliederung der ausgegliederten Bereiche steht schon lange auf dem Programm der Krankenhausbewegung.