Griechische Regierung verhängt das Kriegsrecht gegen streikende Seeleute

Foto: http://www.flickr.com/photos/mjs/ CC BY-SA 2.0
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Dieser Artikel erschien zunächst am 10. Februar auf englischer Sprache auf der Webseite socialistworld.net

Volle Mobilisierung der Arbeiterbewegung zur Beendigung der schwerwiegenden Angriffe auf das Arbeitsrecht!

Vorbemerkung zum Leitartikel aus der „Xekinima“ (alle zwei Wochen erscheinende Zeitung der gleichnamigen Schwesterorganisation der SAV und Sektion des CWI in Griechenland)

Die griechische Regierung hat Wehrdienstleistende abberufen, um sie gegen die im Streik befindlichen Seeleute und Reederei-Beschäftigten einzusetzen. Damit sollte ein Ende des Ausstands erzwungen werden. Die ArbeiterInnen auf den Fähren kämpfen gegen Lohnkürzungen, Entlassungen und dafür, dass sie seit Monaten ausstehende Löhne bezahlt bekommen. Der Kampf begann am vorigen Donnerstag mit einer 48-stündigen Arbeitsniederlegung und es folgten zwei weitere 48-stündige Streiks. Der Arbeitskampf blieb für die Fährverbindungen zu den zahlreichen griechischen Inseln nicht ohne Folgen. Am Abend des 5. Februar wurden Polizeikräfte aufgefahren, wobei auf die sogenannte „emergency legislation“ zurückgegriffen wurde, um Streikposten zu durchbrechen.

Diese drakonische Gesetzgebung aus dem Jahr 2007 erlaubt es der Regierung, Streiks für illegal zu erklären und für die betreffenden ArbeiterInnen die „Generalmobilisierung“ auszurufen, was ansonsten nur im Kriegsfall getan wird. Für die ArbeiterInnen bedeutet das, dass sie zur Wiederaufnahme ihrer Tätigkeiten gezwungen oder andernfalls entlassen werden können. Auch Gefängnisstrafen sind dabei möglich. Die Regierung unter der Führung der konservativen Partei „Nea Demokratia“ hatte gegen die streikenden U-Bahn-FahrerInnen Athens auf dieselbe undemokratische Gesetzgebung zurückgegriffen.

Um diese Angriffe auf grundlegende Arbeitnehmerrechte zu stoppen, ist ein Appell der Gewerkschaftsführungen und linken Parteien nötig, um die ganze Macht der Arbeiterbewegung Griechenlands zu mobilisieren. Stattdessen sorgen die beiden größten Gewerkschaftsbünde GSEE und ADEY nur für regional begrenzte Solidaritätsaktionen für die Seeleute. So geschehen am Mittwoch, dem 6. Februar, wobei es auch zu einer Protestdemonstration im Zentrum von Piraeus kam.

Die Niederlage der Fährleute wird nur dazu führen, dass die von der „Nea Demokratia“ geführte Regierung mit der Unterstützung ihrer Koalitionspartner von der „sozialdemokratischen“ PASOK und der „Demokratischen Linken“ ermutigt wird, erneut das Kriegsrecht gegen die organisierte Arbeiterklasse einzusetzen. Seit Einsetzen der Wirtschaftskrise und der Durchführung tiefgreifender Kürzungen und Austeritätsmaßnahmen haben verschiedene Regierungen in Griechenland diese Gesetze mehrfach gegen ArbeiterInnen im Bereich der „Grundversorgung“ eingesetzt. Das zeigt, inwieweit die griechische herrschende Klasse tatsächlich dazu bereit ist, das Programm der Troika (bestehend aus „Internationalem Währungsfonds“, der Europäischen Kommission und der Europäischen Zentralbank) durchzupeitschen. Verkauft wird das Ganze als Gegenleistung für die Finanzhilfen, mit denen die Großbanken und die Finanzinstitutionen gerettet wurden, die aber weite Teile der griechischen Bevölkerung in die Armut getrieben haben.

Die Maßnahmen der griechischen Regierung sind auch eine Warnung für die gesamte europäische Arbeiterklasse: Um gegen den Willen der Bevölkerung Kürzungen durchzusetzen und Profitinteressen zu verteidigen, wird die herrschende Klasse zu immer repressiveren Maßnahmen gegen die demokratischen und gewerkschaftlichen Rechte greifen. Vor allem betrifft das das Streikrecht.

Im Folgenden veröffentlichen hiermit die Übersetzung eines Leitartikels aus der aktuellen Ausgabe der Zeitung „Xekinima“, die die gleichnamige CWI-Sektion in Griechenland im Zwei-Wochen-Rhythmus herausgibt. Es geht darum um die jüngsten Angriffe der griechischen Regierung auf streikende ArbeiterInnen.

Weil die Zeitung so viel nachgefragt wird und es unter den ArbeiterInnen in Griechenland ganz offensichtlich ein gestiegenes Interesse an einer kämpferischen, sozialistischen Alternative gibt, erscheint die Zeitung seit dieser Woche nicht mehr monatlich sondern alle 14 Tage.

Die Redaktion von „socialistworld.net“ (Internetportal des „Committee for a Workers´ International“ / „Komitee für eine Arbeiterinternationale“, dessen Sektion in Deutschland die SAV ist)

Die griechische Regierung greift auf das Mittel des Staatsterrors zurück, um die Arbeiterbewegung zu brechen. Dabei macht sie von Repressalien Gebrauch und nutzt die „Notstandsgesetzgebung“. Alles, was die Regierung anzubieten hat, ist ein System, das im Sinne der Bankiers, Schiffseigner und Großunternehmen funktioniert. Für uns bedeutet das auf der anderen Seite nur Massenarbeitslosigkeit, Armut und Hunger. Hinzu kommt, dass grundlegende demokratische und gewerkschaftliche Rechte attackiert werden.

In Wirklichkeit hätte die Massenbewegung jedoch durchaus das Potential, all diese Heuchler von der Bildfläche zu fegen. Bedauerliche ist es aber so, dass die FunktionärInnen der Gewerkschaften und der linken Parteien es ablehnen, die Organisierung des Kampfes anständig in die Hand zu nehmen.

Innerhalb von nur zwei Wochen sind die Notstandsgesetze gegen die streikenden Beschäftigten der U-Bahnen, Trolleybusse und Straßenbahnen und nun gegen die Seeleute eingesetzt worden, die ebenfalls in Streik getreten sind. Ihnen wurde mit Gefängnis und Arbeitsplatzverlust gedroht.

Einige Fährbeschäftigte haben seit sechs, andere seit 12 Monaten keinen Lohn mehr erhalten und in dieser Branche gelten keine allgemeingültigen Tarifverträge. Eine neue gesetzliche Regelung nimmt die Bevollmächtigung zurück Schiffe 10 Monate einzusetzen, was für die FährarbeiterInnen bedeutet sich saisonal anderweitige Arbeit zu suchen. Den Schiffseignern wird es damit ermöglicht, so lange sie wollen auf Kreuzfahrt- und Passagierschiffe zurückzugreifen zu können (was vorher nur in den Sommermonaten möglich war).

Auch ärmere Bäuerinnen und Bauern sind von weiterer Verarmung bedroht, da die Produktionskosten (teurer Kraftstoff und Strom, hohe Zinsen etc.) steigen, was an den ohnehin schon mageren Einkünften nagt.

Um sicherzustellen, dass die Bankiers weiterhin Profite machen, ist die Regierung bereit, das ganze Land umzukrempeln und in ein riesiges Militärgebiet zu verwandeln. Dabei wird auf drakonische Gesetze zurückgegriffen!

Es ist genauso, wie es Apostolis Kasimeris, Mitglied von „Xekinima“ und der Geschäftsführung der Busfahrer-Gewerkschaft, bei einer Massenversammlung vor den BusfahrerInnen von Athen sehr richtig festgestellt hat: „Sie können nicht 6.000 ArbeiterInnen ins Gefängnis stecken. Sie können uns nicht alle feuern. Und wir sind nicht alleine. Es kann sein, dass die U-Bahn-FahrerInnen ihren Streik wieder aufnehmen werden, die HafenarbeiterInnen befinden sich schon im Ausstand, die Fährbeschäftigten sind gerade dabei Streikaktionen zu planen und die Bäuerinnen und Bauern waren auch schon auf der Straße […].“

Was würde passieren, wenn die Beschäftigten der städtischen Verkehrsbetriebe gleichzeitig und gemeinsam mit den Fährleuten sowie den Bäuerinnen und Bauern in den Streik treten würden? Welche Wirkung hätte dies vor allem dann, wenn diese gemeinsamen Aktionen auch noch durch die Kommunalbeschäftigten, die WerftarbeiterInnen und weitere unterstützt würden? Keine Regierung könnte sich gegen eine solche Bewegung stellen!

Die ArbeiterInnen werden ihre Konsequenzen ziehen …

… aber die GSEE („Allgemeiner Gewerkschaftsbund der ArbeiterInnen Griechenlands“) und andere Gewerkschaftsführer sind nicht Willens, solche Aktionen durchzuführen, die Streiks auszuweiten, sie miteinander zu koordinieren und zu eskalieren, um die Regierung zum Rückzug zu zwingen. Und obwohl auch es für die Linke an der Zeit ist in Aktion zu treten, bleiben die linken Massenparteien weit hinter dem zurück, was die momentane Lage eigentlich erforderlich machen würde. Die KKE („Griechische Kommunistische Partei“) besteht weiterhin darauf, dass sie allein die Bewegung anführen solle und bezichtigt alle anderen Parteien und linken Kräfte als „Verräter“. Zur selben Zeit hält die Mehrheitsfraktion innerhalb der SYRIZA-Führung (Bündnis der radikalen Linken), die erwartet, dass sie in den nächsten Monaten schon in die Regierung eintreten wird, ihre gegen die Kürzungen gerichtete und pro-sozialistische Haltung und Programmatik immer mehr hinter dem Berg.

Aufgrund der jüngsten betrieblichen Auseinandersetzungen und der breiten Widerstandsbewegung hat es aber auch durchaus positive Signale gegeben. Vergangene Woche stimmten die BusfahrerInnen mit überwältigender Mehrheit und mehr als 1.000 Ja-Stimmen für die Fortsetzung ihres Streik. Der Vorschlag der regierungsfreundlichen Flügel innerhalb ihrer Gewerkschaft kam auf nur 750 Stimmen. Die Abstimmung wurde dennoch verloren, weil es während der Abstimmung zum Bruch innerhalb der linken Kräfte gekommen ist [siehe http://www.socialistworld.net/doc/6144]

Aufgrund ihrer oft schmerzvollen Erfahrungen in ihren Kämpfen werden die ArbeiterInnen ihre Konsequenzen ziehen und sich Gedanken darüber machen, was als nächstes passieren muss. Sie werden zu der Erkenntnis kommen, dass sie gemeinsam vorgehen und Massenaktionen koordinieren müssen. Die derzeit amtierenden GewerkschaftsführerInnen widersetzen sich jedoch diesem Ansatz. Deshalb müssen die ArbeiterInnen selbst Initiativen von unten ergreifen, um die Gewerkschaften dazu zu zwingen, entschlossene Maßnahmen zu ergreifen, damit die Politik der Regierung umgekehrt werden und die Regierung selbst zu Fall gebracht werden kann!