Neue Linkspartei? Ja, aber …!

Über 5 000 Spiegel-Online-LeserInnen haben auf die Frage „Würden Sie einer neuen Links-Partei unter Führung von Gregor Gysi und Oskar Lafontaine Ihre Stimme geben?“ geantwortet. Mehr als vierzig Prozent mit Ja.
Standpunkt der Solidarität – Sozialistische Zeitung, September 02 Die Idee kam angeblich vom (nicht gerade linken) PDS-Mann André Brie. Dieser sprach sich in einem Interview für ein neues linkes Projekt aus und sagte, wer dafür eintrete komme an Gysi und Lafontaine nicht vorbei. Andere haben daraus dann den Vorschlag einer neuen Partei gemacht, den Brie selber ablehnt. Partei hin, Brie her – die Diskussion drückt vor allem eine Erkenntnis aus: die PDS befindet sich in der Sackgasse und droht durch das mögliche Verpassen des Einzugs in den Bundestag in einen Todeskampf zu geraten.
Gysis Rücktritt hat für viele PDS-UnterstützerInnen illustriert, wie sehr die Partei schon im kapitalistischen Establishment angekommen ist. Die purzelnden Umfragewerte für die PDS in Ost-Deutschland sind aber nicht in erster Linie auf die Bonusmeilen-Affäre zurückzuführen. Diese war allenfalls der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.
Die PDS erhält gerade die Quittung für den Sozialabbau und die Privatisierungspolitik, die sie als Teil der mecklenburg-vorpommerschen und der Berliner Landesregierungen und vieler Kommunalregierungen betreibt. Die jüngsten Angebote der PDS-Führung einen Kanzler Schröder im Bundestag zu wählen, falls es für eine rot-grüne Mehrheit nicht reichen wird, drücken aus, dass Roland Claus und Co auch auf Bundesebene genug von der Oppositionsrolle haben.
Der Vorschlag eine neue Linkspartei zu bilden erscheint vor diesem Hintergrund fast naheliegend. Doch – um eine alte marxistische Weisheit zu bemühen – gibt es keine organisatorischen Lösungen für politische Probleme. Die entscheidende Frage ist die des Programms und der Politik, die eine solche neue Kraft vertreten sollte.

Schlussfolgerungen aus dem Scheitern der PDS

Die SAV tritt seit Jahren für den Aufbau einer neuen, breiten und demokratischen Arbeiterpartei ein. Eine solche Partei würde ArbeiterInnen und Jugendlichen die Möglichkeit geben, sich unabhängig zu organisieren und für ihre Interessen einzutreten. Doch eine solche Partei müsste die Lehren aus dem politischen Scheitern von SPD und PDS ziehen.
Wenn sie die Politik betreiben würde, die Lafontaine und Gysi als Regierungsmänner betrieben haben, würde sie keine Alternative darstellen. Eine neue Partei müsste sich konsequent auf die Seite der lohnabhängigen und arbeitslosen Bevölkerung und der Jugend stellen und an den täglichen Kämpfen und Kampagnen gegen die Angriffe von Regierungen und Kapital teilnehmen. Sie dürfte sich nicht auf parlamentarische Arbeit beschränken, sondern müsste ihren Schwerpunkt in außerparlamentarischen Kampagnen haben. Sie müsste das Übel an der Wurzel packen und klare anti-kapitalistische Positionen vertreten. Nur mit  sozialistischem Programm und Strategie könnte eine neue Linkspartei einen Ausweg aus der kapitalistischen Sackgasse aufzeigen.
Ein solches Programm mag nicht am Beginn des Entstehungsprozesses einer solchen Partei stehen und Personen wie Gysi und Lafontaine mögen tatsächlich eine Rolle dabei spielen. Die SAV wird jeden Ansatz für eine unabhängige Partei links von SPD und PDS, die konsequent Sozialkürzungen und Privatisierungen ablehnt unterstützen, an den Diskussionsprozessen teilnehmen und für ein konsequentes sozialistisches Programm eintreten.