Tarifrunde im Einzelhandel: Hände weg vom Mantel!

Einzelhandels StreikVolle Lohnforderung durchsetzen! Flugblatt der SAV Berlin [wpfilebase tag=file id=1876 tpl=simple /]

Die Arbeitgeber im Einzelhandel wollen mit der Kündigung der Manteltarifverträge und der Weigerung, die Löhne zu erhöhen nicht nur provozieren, sondern dauerhaft das Kräfteverhältnis zu ihren Gunsten verschieben.

Die Forderung des Arbeitgebers, die Löhne in vielen Bereichen um 5 Euro oder mehr pro Stunde abzusenken, ist ein Generalangriff. Die KollegInnen, die hauptsächlich Warenverräumung erledigen, sollen zu Beschäftigten zweiter Klasse degradiert werden. Das steht den Forderungen für die ca. 199.000 Beschäftigten im Einzelhandel in Berlin/Brandenburg, für eine Erhöhung der Entgelte, direkt entgegen. Dabei sind die Forderungen moderat: 140 € insgesamt oder 1,- € mehr pro Stunde; eine deutliche Erhöhung der Ausbildungsvergütungen und eine Angleichung der tariflichen Sonderzahlungen, Urlaubs- und Weihnachtsgeld der Beschäftigten im Ostteil Berlin und Brandenburgs an das West-Berliner Niveau.

Ohne Mantel weht ein noch rauerer Wind in einer Branche, in der ohnehin massive Ausbeutung, schlechte Bezahlung und extreme Arbeitszeiten an der Tagesordnung sind. Mindestens 25.000 KollegInnen sind in diesem Jahr in ver.di eingetreten und überall gehen zehntausende Beschäftigte jede Woche vor die Ladentüren. Insgesamt haben sich bundesweit schon mehr als 100.000 KollegInnen beteiligt.

Mit der Ausweitung der Streiks geht eine klare Ansage an die Arbeitgeber: Zieht euch warm an! Obwohl die Arbeitgeber im Einzelhandel bei jeder Gelegenheit über Konkurrenzdruck und Preiskampf jammern, agieren sie alle gemeinsam, wenn es drauf ankommt. Was ist die Strategie des verdi-Vorstandes?

Dem Generalangriff der Arbeitgeber muss eine adäquate Antwort entgegengesetzt werden. Unterschiedliche Verhandlungsrhythmen und Forderungen in den Bundesländern sind hier keine Hilfe. Alle KollegInnen im Einzelhandel bundesweit sollten entsprechend reagieren können. Die Verhandlungsrunden und die Ausweitung der Streiks sollte bundesweit durch verdi koordiniert und neben zeitgleichen Streiks auch gemeinsame zentrale Kundgebungen in den Bundesländern organisiert werden.

Die zwei Streiktage in zehn Bundesländern Anfang Oktober waren ein guter Anfang. Der geringe Anteil von Gewerkschaftsmitgliedern und der Einsatz von LeiharbeiterInnen als Streikbrecher stellen große Hürden dar. Wenn die Aufrufe jedoch mit einer gewerkschaftlichen Organisierungskampagne verbunden werden, sind sicher noch mehrere zehntausende KollegInnen bereit, in verdi einzutreten und diese Auseinandersetzung zu einem Erfolg zu machen. Den KollegInnen bei Galeria Kaufhof am Alexanderplatz wurde der Streikaufruf vorenthalten. Die Beschäftigten anderer Berliner Handelsketten statteten ihnen einen kreativen und öffentlichkeitswirksamen Besuch ab, der sie zum streiken ermunterte.

Der Vorstoß einiger GewerkschaftsvertreterInnen, wie z.B. in Hamburg und Bayern,Vorschläge zur Weiterentwicklung der Tarifverträge im Einzelhandel einzureichen, bedeuten einen Kurs in Richtung Wiederaufnahme der von den Arbeitgebern geforderten Verhandlungen über eine „Modernisierung“ des gesamten Tarifvertragswerks. Aus denen ist verdi zurecht ausgestiegen.

Ein Entgegenkommen bedeutet, dass sich die Arbeitgeber letztendlich durchsetzen und Leichtlohngruppen eingeführt, Mitbestimmungsrechte eingeschränkt und Zuschläge gestrichen werden können. Nicht nur hunderttausenden KollegInnen im Einzelhandel würde dadurch massiv der Lohn gekürzt, sondern auch Arbeitgeber in anderen Bereichen nähmen das als Ermutigung, einen ähnlich gearteten Angriff auf ihre Beschäftigten zu fahren.

Den Arbeitgebern so ein Angebot ohne Diskussion in der Mitgliedschaft vorzulegen, die gerade den Kampf organisiert und die Gewerkschaft neu aufbaut, nimmt dem Streik seine Durchsetzungskraft. Dies lässt vermuten, dass diese Vertreter einen Umweg über den Verhandlungstisch bevorzugen und nicht bereit sind, mit ihren KollegInnen die volle Durchsetzung der Forderungen zu erkämpfen.

Eine konsequente Ausrichtung der Gewerkschaftsorganisation auf diese Auseinandersetzung statt Deals, die Verschlechterungen für einen Großteil der KollegInnen bedeuten würden, ist nötig.

In einem jw-Artikel vom 26.9.13 heißt es: „Die Gewerkschafter schlagen vor, Erzwingungsstreiks auf ausgewählte Landesbezirke und Unternehmen zu konzentrieren und sie mit einer besseren Öffentlichkeitsarbeit, Flashmobs und anderen Aktionen sowie einer bundesweiten Großdemonstration zu verbinden. An die Adresse der Gesamtorganisation heißt es: »Bei unserem Kampf um Tarifverträge im Einzelhandel brauchen wir die volle – auch personelle – Unterstützung unserer ganzen Gewerkschaft ver.di«“

Forderungen:

  • Kein Kampf mit halber Kraft – Für eine eskalierende Streiktaktik!
  • Volle Transparenz! Keine Geheimverhandlungen!
  • Weg mit den Vorschlägen zur Modernisierung der Tarifverträge!
  • Regionale und bundesweite Konferenzen mit Delegierten aus den örtlichen Streikkomittees, wo über Streiktaktik diskutiert wird!
  • Fachbereichs- und gewerkschaftsübergreifende Solidarität muss organisiert werden!
  • Die Kämpfe verschiedener Bereiche wie z.B. im Gesundheitswesen und bei den LehrerInnen miteinander verbinden!